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Gundelfingen und Umgebung im Bild
der Oberamtsbeschreibung von 1825.

750 Jahre Geschichte sind nicht leicht zu überblicken, insbesondere dann, wenn man das tagtägliche Geschehen bedenkt und selbst einige der tagtäglichen Tage miterlebt hat und noch miterlebt. Hier bestimmte Tage herauszusuchen und sie als „Leben auf der Burg“ zu bezeichnen ist zumindest fragwürdig wenn nicht gar falsch - auf jeden Fall willkürlich.

So soll durch einige Zitate aus der Oberamtsbeschreibung von 1825 das Leben um die Burg im frühen 19. Jahrhundert dargestellt werden; der Grund für diese Wahl liegt darin, dass diese Zeit recht gut belegt ist und sicherlich etwas anders aussieht, als man sich das vielleicht vorstellt. Die Zitate sollten auch Rückschlüsse auf das Leben in der Burg zulassen und erklären, warum Niedergundelfingen in dieser Zeit von seinen Bewohnern aufgegeben wurde.

Es ist zu beachten, dass die Zitate teilweise gekürzt sind und sich auf das überwiegend evangelische OA Münsingen beziehen, Gundelfingen und Bichishausen jedoch katholisch sind.

Über die Menschen

Der Charakter: „ Der Charakter ist nichts weniger als roh, vielmehr sanft, gefällig und zutraulich. Die Leute sind sehr dienstfertig und mit sehr mäßiger oft geringer Belohnung für Dienstleistungen zufrieden. Ihre gewöhnlichen Arbeiten verrichten sie ausdauernd und pünktlich, aber sehr große Betriebsamkeit darf man unter ihnen nicht suchen. Eine eigene Erscheinung ist der Pietismus ....... Der ernste, düstere Charakter der äußeren Natur, und die vielen Entbehrungen, Nöthe und Uebel, welche dieser Himmelsstrich mit sich bringt, scheinen das Gemüth mehr zum Uebersinnlichen, zu religiösen Tröstungen hinzuziehen. Streit- und Prozeßsucht erscheint nur Ausnahmsweise, und überall zeigt sich eine Geneigtheit des Volkes zu friedlichen, gütlichen Auseinandersetzungen ..... Ehescheidungen sind auffallend selten.“ 

Die Gesundheit: „ Die körperlichen Eigenschaften betreffend, sind die Einwohner in der Regel von mittlerer Größe, etwas mager, von mehr blassem als blühendem  Aussehen... Ansteckende Krankheiten sind höchst selten....... Der vorherrschende Krankheits- Charakter ist rheumatischer und entzündlicher Natur, in höherem Alter kommen viele Wassersuchten vor, besonders bei dem männlichen Geschlechte ...... bei Leuten, die viel Branntwein trinken, was übrigens Bedürfniß des Klima ist.“

Sterblichkeit im Oberamt Münsingen: „Das Verhältnis der Gestorbenen zu den Lebenden ist 1 : 25; eine Sterblichkeit, die man in den meisten Städten nicht findet.

Von der Zahl der Gestorbenen waren, einschließlich der Todtgeborenen, unter 1 Jahr 346, es starben also im ersten Lebensjahr wieder von 100 Kindern 43. In .... Bichishausen ...... Gundelfingen .. starben durchaus mehr als die Hälfte Kinder wieder im ersten Lebensjahre.

Von den Gestorbenen erreichten ein Alter von mehr als 60 Jahren 135, es kommen also auf 100 Gestorbene stark 19 von mehr als 60 Jahren; im ganzen Königreich stark 21 auf 100.“

Über Gundelfingen und Niedergundelfingen

Gundelfingen: „ Grundherrschaft: Freyherr von Reichlin- Meldegg als Herr von Niedergundelfingen; Freyherr von Gumppenberg- Pöttmös als Herr von Hohengundelfingen.

Zehenten beziehen die Grundherren, Antheil am Heu- und Oehmdzehnten hat die Pfarrey Hayingen, die Aecker sind größtentheils zehentfrey.

Gefälle beziehen 
von Reichlin 222 fl. 49 kr.
von Gumppenberg 147 fl. 40 kr., 13 Sch. 1 S. Dinkel, 9 Sch. 2 S. Haber, 4 Sch. 2 S. glatte Fr.
der Heilige zu Bichishausen 1 fl. 15 ½ kr.

Zur Schafweide ist die Gemeinde mit 4/5 und der Freyherr von Reichlin mit 1/5 berechtigt; die Fischerey in der Lauter hat Reichlin mit Fürstenberg gemeinschaftlich.

Das Rittergut Niedergundelfingen .... besteht 1) in dem zerfallenen Schlosse Niedergundelfingen und dem Antheil von Gundelfingen mit 149 Einwohner, 2) in einem Antheil an Weiler. Vormals Constanzisches, von Reichenau herrührendes Lehen, ist das Gut jetzt Würtembergisches Mannlehen. Es besaß früher die hohe und niedere Gerichtsbarkeit und war dem Canton Donau einverleibt.

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Die Einwohner von G. sind arm und versuchen sich zum Theil durch Gewerbefleiß fortzubringen. Das bedeutendste Gewerbe ist die Weberey, welche ziemlich stark betrieben wird. Die Lauter treibt 3 Mahlmühlen, 1 Oehl- und 1 Gypsmühle.“

Das alte Schloß:  „Unmittelbar über dem Dorfe Gundelfingen steht das alte Schloß Niedergundelfingen, welches dem Herrn von Reichlin gehört; es liegt auf einem in das Thal vorspringenden Felsenhügel, um welche sich die Lauter in einem Halbkreise herumschlängelt, und wurde erst vor ungefähr 15 Jahren aufgegeben; Mauern und Wände stehen noch alle da, aber ohne Obdach. Das Schloß bildet ein Viereck, das einen Hof einschließt und 2 Burgverließe enthält. Um das Schloß her ziehen noch Ueberreste von älteren Mauern, welche auf eine ältere Burg schließen lassen. Vor dem Schlosse steht malerisch eine Capelle.“